USA 2011


Ortszeit: 07.08.2011 – 18:19
Flug London – San Diego:


Das lange Sitzen macht zu schaffen, noch dazu Kopfschmerzen ohne Ende. Eine ältere Dame sitzt im Flieger neben mir und ich komme mit ihr in’s Gespräch. Sie stammt aus San Francisco. Schon ihre Ahnen bis zum Urgroßvater zurück stammen aus dieser Stadt. Sie ist Reiseführerin in der ganzen Welt und hat ein paar Jahre in Heidelberg gelebt, deshalb kann sie etwas Deutsch. Sie erzählt mir von all den Orten an denen sie schon war. Bis Neuseeland reicht die Skala. Die Zeit will nicht vergehen, ich schau‘ mir im Originalton „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und „Forrest Gump“ an. Nach der dritten Vivimed vergehen langsam die Kopfschmerzen.
Ankunft San Diego:
Thomas ist schon da und wir holen den Mietwagen, er hilft beim „translaten“. Statt einem Ford bekomme ich einen Jeep, aber die Größe ist die gleiche. Heute gehen wir shoppen in San Diego. Ich brauch noch eine Luftmatratze und eine Jeans. Die Sitze vom Jeep kann man zu einer ebenen Fläche umklappen, so kann ich also drin schlafen. Vor den beiden Großstädten hab‘ ich etwas Bammel, aber es wird schon werden. Morgen geht’s nach Los Angeles. Ich werd‘ wohl vormittag starten.


Malibu – Los Angeles

Gestern startete ich die Tour. Nach Los Angeles ist es nur ein Cat-Jump (Katzensprung). Ich steuer die Küste an und lande in Santa Monica und letzten Endes am Venice Beach, wo all die Freigeister (Verrückten) sind. Vor mir liegt der pazifische Ozean und ein ultrabreiter Strand mit hellem Sand. Diese Küstenpromenade ähnelt natürlich vielen solcher Strände in der Welt. Jede Menge Verkaufsstände mit allem möglichen Klimbim, Musikanten, Jongleure, Tätowierer usw. Hier gibts natürlich auch überteurte Parkgebühren (15 $) und sauteure Hotelzimmer und Pensionen bis zu 400 $, dafür ist das Benzin merklich billiger. Ich suche einen Campingplatz oder ein günstiges Zimmer, denn was brauch‘ ich Komfort und goldene Wasserhähne, wenn ich es nur zum Schlafen nutze. Bis abends um 10 findet sich nichts, also gehe ich das Risiko ein und übernachte wild im Auto, auf einem Restaurant-Parkplatz in Malibu.
Heute ist der 9., es ging alles gut, obwohl schon finstere Gestalten des nachts unterwegs sind. Ich sitz‘ jetzt grad in einem Starbucks-Cafe und mach‘ mein Frühstück. Hier gibt es über WIFI Internet-Zugang, so kann ich das Tagebuch aktualisieren. Skype wollte ich schon bei Thomas installieren, aber schon bei der Installation kommt die Meldung: „Es gibt Verbindungsprobleme zum Server“. An alle EDV-Spezialisten, was soll ich tun ? Erwarte hilfreiche emails an: steiner.fr@web.de
Bis auf Skype kann ich alles im Internet tun. Bei Thomas hatte ich eine WLAN-Verbindung, hier wie gesagt die WIFI-Verbindung.
Heut‘ geht’s noch mal nach Los Angeles und morgen dann weiter nach San Francisco.
So long, bis demnächst, Frank


Ortszeit: 12.08.2011, 09:48 Uhr
San Francisco

Schon die Fahrt auf dem Highway 101 war ein Vergnügen. Im Jeep ist ein Autoradio mit Satelitenempfang das heißt 155 Sender der verschiedensten Sparten ohne Werbung, ab und zu ein paar Ansagen des Moderators. Die ganze Fahrt über hatte ich Bluegrass Country drauf, einfach schön. Ich komm‘ in die Stadt rein und sämtliche Highways sind dicht. Ich bin kein Freund von Navigationssystemen, vor allem dann nicht, wenn ich immer sehe, daß diese Dinger sogar in heimatlichen Gefielden, auf Wegen wo man jeden Tag entlangfährt, benutzt werden. Hier in diesen Großstädten bin ich aber heil froh, daß ich das von Thomas und Candy dabei habe, sonst verlierst du dich. Ich komm in die eigentliche Stadt und erlebe ein Wunder. Gerade noch Los Angeles in der Erinnerung, sehe ich plötzlich eine Stadt, die ganz anders ist. Andere Häuser, alles ist hügelig mit Steigungen und Gefällen, daß du oben angekommen nur noch Himmel aus deiner Windschutzscheibe siehst. Das erinnerte mich an die Lehrbahn bei meiner Armeezeit und letzten Endes sind hier auch die Menschen anders. Sie sind nicht so übertrieben künstlich freundlich, nicht so erpicht auf hyper-gutes Aussehen — was ich sagen will und mir eine ganze Truppe von Server-Jungs aus San Francisco auch noch bestätigt haben – sie sind keine Schicky Micky’s, einfach Menschen wie du und ich. Das tut gut. Ich krieg den Eindruck nicht los, daß diese Stadt eigentlich gar nicht nach Amerika passt, sie hat was von Irland und noch andere Einflüsse. Ich treffe zwei Deutsche Männer, sie sind schon 3 Wochen hier und geben mir gute Tips, welche Punkte ich anlaufen soll – und gelaufen bin ich wahrlich viel. Mein Fahrgestell tut mächtig weh, aber wir woll’n mal nicht rumjammern – er hat’s ja so gewollt. Spät nachmittag fahr ich dann noch zur Golden Gate. Ein wahnsinns Monstrum – herrlich – ich geh einmal nach drüben und wieder ‚rüber, dann wird’s langsam dunkel. Zum Abschluß hab‘ ich noch ein kommentiertes Video („Videos“) aufgenommen. Ich hab’s nicht geschnitten ihr seht es also mit allen Versprechern und Wiederholungsversuchen. Gar nicht so leicht so was zu machen, wenn da Leute interessiert zuschaun. Da bewundere ich die Komentatoren im Fernsehen, aber man muß es nur oft genug machen, dann verliert sich die Scheu.
Heut ist Freitag und ich rüste gerade für die Tour nach Nevada. Bis nach Bonneville werd‘ ich es wohl nicht schaffen, dazu ist die Distanz zu groß. Das stört mich auch nicht, denn ich bin ja nicht auf der Flucht, sondern der Weg ist das Ziel.
So long, bis demnächst


Ortszeit: 15.08.2011, 07:05 Uhr
Lake Tahoe

Von der wunderschönen Stadt San Francisco geht’s nun weiter auf dem Freeway 80 in Richtung Salt Lake City. Ungefähr 160 Meilen davor befindet sich Wendover und die Bonneville Salt Flats, auf denen die schnellsten Autos der Welt getestet werden. Da ich etwas spät von San Francisco wegkomme, werd‘ ich vor Bonneville noch einmal Rast machen. Ich suche mir den Lake Tahoe heraus, ein Bergsee in kühlen 1900 m Höhe. Dort findet man viel Wald vor und noch ein Stück weiter oben ist sogar ein Skigebiet. Ein Sprung in das kalte, aber kristallklare Wasser tut gut, wobei ich vermutlich der einzige war, der da rein ist. In dieser Höhe kühlt es nachts ziemlich ab, in den Morgenstunden friere ich und mit kalten Füßen läßt sich nicht mehr schlafen.


Wendover – Bonneville

Weiter geht’s nach Bonneville, zu den schnellsten Autos der Welt. Ungefähr 850 km hab‘ ich zurückzulegen, Aber auf dem Freeway 80 läßt sich’s gut fahren. Es ist reger Verkehr, aber mit 70 bis 75 mph (120 km/h) kommt man gut voran, außerdem hab‘ ich’s nie eilig. In Bonneville angekommen, erlebe ich eine angenehme Überraschung. Ein bunt gemischter Haufen von Rennsport-Enthusiasten, Motor-Drachenflieger, Oldtimer-Liebhaber die mich unweigerlich an den wunderbaren Film „American Graffiti“ erinnern, eine Welt, die vergessen zu sein schien und hier jedes Jahr auf’s neue zum Leben erweckt wird. Ich fühle mich in einer anderen Welt und trotzdem zu Hause. Dann fegt kurz nach dem Sonnenuntergang ein Sturm über den Salzsee, ich bring die Technik in Sicherheit, denn das Salz zerfrißt sogar die Schuhe und setze mich vor den Jeep, um im Klappstuhl dieses Schauspiel zu genießen. Alles schmeckt nach Salz, der derzeitige Vollmond verschwindet im Staub des Salzes und nach anderthalb Stunden ist der Spuk vorbei, als wäre nichts gewesen. Ich filme den Sonnenuntergang und am nächsten Tag den Sonnenaufgang, das ist seit 51 Jahren nicht ein einziges mal geschehen.
Um 7:00 Uhr werden die Schleusen geöffnet zu den Salzfeldern. Gleisendes Licht und zunehmende Hitze prägen den Tag. Ich schmier‘ mich dick mit Sonnencreme ein, das macht hier jeder. Schüchtern pirsch ich mich mit Kamera und Stativ bis an die Startlinie der Speedwagen heran. Die Kamera selbst würde kaum auffallen, aber dieses Stativ zieht die Blicke immer wieder an, als wäre ich vom Fernsehen. Ein herrlicher Zwiespalt übrigens in mir, einerseits möchte ich bei sowas genzlich unbemerkt umhergehen, als wäre ich nicht da, andererseits möchte ich mithilfe des Stativs so perfekte Aufnahmen wie möglich machen. Das Stativ hat Vorrang. Ein Mann sagt mir, daß ich auch hinter den Absperrbändern, direkt an der Startlinie filmen darf, das war ein Freibrief und ein Glücksfall, den jeder Kameramann nachfühlen kann. Ich filme alles was Rang und Namen hat, gehe später 7 Meilen nach hinten, um die Geschosse in voller Fahrt zu filmen, aber sie sind verdammt weit weg, da die Sicherheitszone sehr weit ausgelegt ist. Die Temperatur steigt gnadenlos auf ca. 48 Grad und es ist genug. Ich hab‘ alles im Kasten und muß mich jetzt abkühlen.
Seit dem Spielfilm „The World fastest Indian“ (im deutschen Kino „Mit Herz und Hand“), der das Rennfahrer-Leben des Neuseeländers Burt Munro (oben rechts) zeigt, lebt Bonneville um so mehr auf als sonst. Munro hat dort ab 1962 mit seiner selbst modifizierten Indian mehrere Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt.


Goldfield

In Bonneville treffe ich Peter und Thomas, die einen Tag früher eingetroffen sind. Sie waren inzwischen auch beim Antelope Island bei Salt Lake City und sind nachmittag wieder nach Bonneville zurückgefahren. Weiter geht’s mit zwei Autos in Richtung Goldfield und dann Death Valley. Wir übernachten in Tonopah, wenige Meilen vor Goldfield. Mit einem geplatztem Reifen am BMW von Thomas geht’s am nächsten Morgen weiter. Diese Reifen sind so konstruiert, daß man auch ohne Luft langsam weiterfahren kann. Wir müssen ihn trotzdem auf halber Strecke austauschen und das Notrad aufziehen.. Für die meisten ist Goldfield unbekannt, jedoch Kenner des Spielfilms „Vanishing Point“ (in der Bundesrepublik „Fluchtpunkt San Francisco“, in der damaligen DDR „Grenzpunkt Null“) wissen sofort bescheid: Hier hatte Super Soul seine Radiostation die rein zufällig „KOW“ hieß und später in „KOWALSKI“ umbenannt wurde. Die Stufen vor dem Gebäude sind nicht mehr vorhanden, aber sonst ist alles noch weitestgehend wie im Film. In einem General Store machen wir Frühstück, drehen noch und fahren dann weiter zum Death Valley.


Death Valley

Thomas fährt zum nächsten Hotel im Death Valley. Ich möchte natürlich das Tal des Todes erkunden, also biegen wir ab zu „Scottys Castle“, „Des Teufels Golfplatz“, „Rock Trail“, „Bad Water“. Rock Trail wird ein echtes Abenteuer. Vorbei an einem Vulkankrater beginnt nach einem Abzweig eine mittelschwere Offroad-Tour. Hier sind laut Schild Allradfahrzeuge empohlen. Ein nicht zu niedrig ausgelegter PKW mit Zweiradantrieb würde es wahrscheinlich auch tun – vielleicht. Die Strecke zieht sich scheinbar ewig, dann sind wir da. Diesmal kein Salzsee, sonder ein trockener Schlammsee. In der Mitte ein imposantes Felsmassiv. Wir suchen die wandernden Steine, von denen behauptet wird, daß man immer noch nicht genau weiß, wie sie sich bewegen und finden sie, mit samt der Spur, die sie hinterlassen. Ein Mann vom Info-Büro in Scottys Castle vertritt eisern und ernsthaft die Theorie, das diese Bewegungen der Steine von Auserirdischen vollbracht werden. Mir ist bei seiner Aussage fast ein Schmunzeln über die Lippen gekommen, aber dann habe ich den Ernst seiner Worte wahrgenommen, somit habe ich diesen Mann auch ernst genommen. Nicht allzuweit vom Death Valley befindet sich schließlich die Area 51 und dort sind Auserirdische wahrgenommen und beherbergt worden. Nur komisch, daß sich diese Wesen immer den amerikanischen Kontinent zur Landung aussuchen. Jetzt kommt der Moment, wo ich mich zwingen muß, nicht weiter über dieses Thema zu schreiben. Nun gut, jeden dieser Steine kann man locker aufheben und mitnehmen, ich hab‘ es nicht getan, sondern ihre Wanderung respektiert. Auf dem Rückweg leuchtet die Reifendruckkontrolle, die seit etlichen Jahren in Amerika Pflicht ist. Links hinten zischt die Luft und bevor sich der Reifen kaputt walkt, versuchen wir ‚raus zu kommen aus dem Offroad-Gebiet, um auf festen Untergrund das Notrad aufziehen zu können. Ich will nicht sagen, daß man dort in Lebensgafahr ist, aber angesichts der Tatsachen:
> Im gesamten Death Valley kein Handyempfang
> Kein Auto weit und breit
> Zu weit um zu Fuß Hilfe zu holen
Diese 3 Gründe könnten ängstlich machen, kommt wenig oder nicht vorhandenes Wasser in’s Spiel, dann hat man wirklich ein Problem, denn bei bis zu 50 Grad und einer sanften Brise, die dir wie ein heißer Fön in’s Gesicht bläst, trocknest du aus. In der Tat sind im Death Valley schon Menschen um’s Leben gekommen, darunter auch Deutsche. Wir sind dieses „Vieltrinken“ nicht gewohnt, weil wir es zu Hause nicht brauchen, aber hier kann es wirklich zum Verhängnis werden.
Wir erreichen das Festland, wechseln das Rad und fahren zum Hotel. Auch abends um 10 ist die Hitze ungebrochen. Wenn du das klimatisierte Zimmer verläßt, läufst du gegen eine Hitzewand, der Wahnsinn.
Am nächsten Tag setzt sich der Looser-Convoy in Bewegung, denn wir dürfen jetzt nur noch 50 mph fahren. Es geht zu weiteren wichtigen Anlaufpunkten im Death Valley. Da sind die Überreste eines Wagentracks, der „Twenty Mule Teams“, die das Gold des Death Valleys, das Borax aus den Minen gefahren haben, da ist das weite Salzfeld des „Bad Water“, bei dem ich so weit hinaus gegangen bin, bis ich kein zivilisiertes Geräusch mehr wahrgenommen habe. In absoluter Stille, die es nur selten gibt im Leben, denn irgend jemand schnattert immer, fühle und höre ich nur noch meinen Atem und den eigenen Pulsschlag. Ich zitiere: „Irgendwie ist man stehts und ständig auf störende Weise für sich selbst verantwortlich“. Bessere Worte kann man für einen solchen Moment nicht finden.
Noch am selben Tag geht’s von einem Extrem in’s andere, zur total verrückten Wüstenstadt Las Vegas.


Las Vegas

Vom Death Valley geht’s weiter nach Las Vegas. Wir bilden auf Grund der Noträder immer noch einen Looser-Convoy, aber das soll sich in Vegas ändern. Wir steuern als erstes einen Reifenservice an. Thomas läßt sich gleich vier neue aufziehen, unseren Plattfuß bekommen wir kostenlos repariert, wegen der hübschen Summe von den neuen Reifen. Jetzt sind wir wieder gut auf Rädern und fahren zunächst zum Hotel. Vegas ist eine verrückte Sadt mit verrückten Menschen. Thomas war schon zig mal hier und kennt sich aus. Also macht er den Tourguide und führt uns zu den wichtigsten Plätzen. Da ist eine Piratenshow, ein mächtiges Wasserspiel im Takt der Musik und sooooo viel mehr und natürlich Unmengen von Spielcasinos. Vegas ist schließlich das Spielerparadies schlechthin. Manchmal hatte ich so den Eindruck, so manch einer oder eine sitzt am nächsten Morgen immernoch vorm Automat. Wir landen zum Schluss im echt bayrischen Hofbräuhaus mit echt deutscher Band, deutsches Bier, deutsches Essen. Es war schon lustig das mal gesehen zu haben (Video). Danach sind wir dann langsam heimgetrottet und haben uns, fertig wie wir waren hingeschmissen. Ich versuch beim nächsten Internetzugang die Bilderseite zu aktualisieren, denn gerade bei Vegas sagen Bilder mehr als tausend Worte.


Zion National Park – Antelope Canyon

Inside Zion National park’s famous „Subway“ slot canyon, my hiking and photography friend, Suzanne, ponders the way ahead.

Arch Angel Falls on the Left Fork of North Creek in Zion National Park, Utah

Die Tour geht weiter nach Page, die Stadt nahe dem Antelope Canyon. Peter und ich nehmen eine Nebenstraße und erleben eine angenehme Überaschung. Wir durchqueren den Zion National Park, müssen dort zwar Gebühren bezahlen, aber das was sich uns bietet, ist das Geld wert. Auch für Peter war dies Neuland. Danach fahren wir noch ein ganz ordentliches Stück bis Page. Dort steuern wir gleich das Reisebüro an, welches die Touren zum Antelope Canyon durchführt. Das ist einer der wenigen, vielleicht einzigen Canyons, die man nur mit Reiseführung besichtigen kann. Für den heutigen Tag gibt es keinen Platz mehr, für morgen steht schon wieder was anderes auf dem Plan. Für meinen Peter war dieser Canyon der wichtigste Punkt der Reise, weil auch er ihn noch nicht gesehen hat und jetzt wird nicht’s draus. Für die nächste Etappe, die so weit ist wie von Sonneberg an die Ostsee fehlt ihm der Elan und die Begeisterung. Das Ziel lautet Cisco – in Utah, wieder so ein magischer (End)Punkt aus dem Film „Vanishing Point“. Cisco soll inzwischen laut Google eine Geisterstadt sein. Mein Peter schlägt mir vor heimzufliegen und ich fahre ihn am nächsten Morgen zum Flugplatz in Page, wo er zunächst nach Denver und dann nach San Diego fliegt.


Cisco in Utah

Stone allone unterwegs nach Cisco. Es geht vorbei am Monument Valley, wobei mich das Navigationssystem wirklich vorbeiführt, weil dies die schnellste Route ist. Obwohl sich’s hier schön fahren läßt, nimmt die Strecke kein Ende. Als alter Trucker beiß‘ ich mich Meile für Meile von Arizona hoch nach Utah durch, bis ich spät Nachmittag endlich ankomme. Bei diesem magischen Ort, den nur eingefleischte „Grenzpunkt Null“ – Liebhaber als solches empfinden können, pocht mein Herz höher, ein komisches Gefühl im Magen. In einem Punkt hatte mein Peter recht – es gibt weder ein Ortsein- noch ein Ortsausgangsschild. Ich bin angenehm überrascht – es gibt mehr zerfallene Hütten und zerfallene Autos als ich bei Google gesehen habe … und siehe da, da wohnen sogar noch Leute und es gibt Industriegebäude, wenn auch nur sehr spärlich. Gleich auf der anderen Straßenseite die Bahnlinie. Wer den Film kennt weiß, daß beim Abspann ein Zug vorbeifährt. Ich finde natürlich auch den Bahnübergang, stell‘ die Videokamera auf, nehm Anlauf und bretter über denselbigen. Kurz vor Sonnenuntergang noch ein Statement für die Heimat, dann ist Cisco im Kasten. Ich war tatsächlich dort und ich muß was sagen, dieses Geisterdorf, welches niemand kennt, war mir verdammt wichtig – lieber hätte ich was anderes weggelassen.


Monument Valley

Von Cisco aus fahre ich am selben Tag ein Stück zurück bis nach Moab, dort habe ich schon beim Hochfahren einen Campingplatz gesichtet. Am nächsten Morgen geht’s die selbe Strecke zurück bis zum Monument Valley. Es ist dummerweise bewölkt und es regnet stellenweise. Das ist natürlich äußerst ungünstig für gute Videoaufnahmen, denn die Gebirgsmassive, in denen Teile des Sergio Leone Klassikers: „Cera una volta il West“-„Once upon a time in the west“-„Spiel mir das Lied vom Tod“ gedreht wurden, kommen bei diesem Wetter nicht zur Geltung. Das ist schade, aber ich drehe was eben geht, denn jetzt ausharren, bis morgen das Wetter vielleicht besser ist, das geht nicht. Manchmal komm‘ ich mir vor wie eine Gewehrkugel, die gerade den mittleren Westen der USA streift. Nach -zig Videodreh-Stops geht’s weiter zum Grand Canyon.
Mal was am Rande:
Wer schon mal mit einem leidenschaftlichen Videofilmer oder Fotograf unterwegs war und selbst keiner ist, der weiß bestimmt ein Lied zu singen – und das geht so:
> Mußt du denn schon wieder anhalten
> Das hast du doch vorhin schon gefilmt
> wir müssen „fai“ heut‘ noch in ????? ankommen
> Mein Gott, wer soll sich denn das alles anschauen
> ……………………………………………….
> Der Nichtfilmer schweigt und harrt aus (das sind die schlimmsten Momente für den Kameramann)
Wenn’s gut läuft hat der leidenschaftliche Videofilmer und Fotograf alles im Kasten und die(der) Begleiter(in) ist noch recht gefasst. Das Tagesziel ist erreicht und beide sind einigermaßen glücklich. Wenn’s nicht so gut läuft steht eine Scheidung an.
Deshalb merke:
Wenn du eine solch extreme Tour machst, wie ich jetzt gerade, dann nimm nur Leute mit, die genau das gleiche wollen und genauso hungrig sind, alles andere ist Nötigung.


Hoover Dam

Nach dem Monument Valley stell ich fest, daß ich noch etwas Zeit habe und da wir nach Las Vegas nicht am Hoover Dam vorbeigekommen sind, beschließe ich, das Ding noch mit ‚reinzupacken. Noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang erreiche ich den Damm, muß durch die Sicherheitsschleuse und kann den Damm begehen, besichtigen und natürlich filmen. Ein mächtiges Monstrum aus Beton, eine Hälfte des Dammes befindet sich in Nevada, die andere in Arizona. Er ist der größte Staudamm in den USA und regelt einerseits die Wasserversorgung der angrenzenden Staaten und seine Turbinen liefern jede Menge elektrische Energie. Die nahegelegene Stadt Las Vegas profitiert von deisem Damm.


Salvation Mountain – Mister Leonard Knight



Ich fahr‘ noch ca. 2 Stunden Richtung Süden und finde auf dem Desert Highway 95 bei Needles einen Campingplatz. Am nächsten Morgen geht’s weiter auf dieser „Wüstenstraße“ immer nach Süden. Eine herrliche Landschaft, die mich unweigerlich in ihren Bann zieht. Da sind herrliche kleine Hügel über die die Straße entlangführt, so daß die Autos und Trucks vor und hinter mir immer wieder verschwinden und auftauchen, da sind verdorrte Sträucher und herrliche Gebirgszüge. Die Wüste hat was und ich muß immer wieder anhalten, filmen und genießen. Einmal bin ich offroad direkt hinein gefahren – absolute Stille, das ist einfach nur herrlich. Meine Reise geht nun zu einem magischen Ort, auf den ich mich sehr freue. Da ist der Film „Into the Wild“ und in diesem Film gibt es eine Szene bei den Salvation Mountains nahe dem Salton Sea in Arizona. Dort lebt seit über 50 Jahren ein Mann, der die Felsen dort in den kunterbuntesten Farben bemalt. Seine Botschaft ist einfach, glaube an Gott, glaube an die Liebe und daran, daß das Leben eine Liebesgeschichte ist. Im Spielfilm sagt er, daß er für kein Geld der Welt dort weggehen würde. Aus der Wüste herausgekommen bekomme ich endlich einen dieser endlosen Züge vor die Kamera, vor dem manchmal vier Lock’s gespannt sind.
Nachdem ich in Calipatria ankomme, frage ich den Tankwart nach den Salvation Mountains. Es sind nur noch drei Meilen und ich bin da. Ich geh‘ umher und sehe auf den Felsen einen Mann die Felsen anstreichen, aber er erscheint mir nicht wie Mr. Leonard Knight. In der Tat, es ist ein Helfer von ihm, der seit ca. über einem Jahr hier ist und Leonard unterstützt. Wir kommen in’s Gespräch und er erzählt mir, daß Mr. Knight Probleme mit dem Herzen hatte, operiert wurde und in den heißen Sommermonaten im Ort wohnt. Wir setzen uns in den Schatten und ratschen über diesen Ort, über Mike selbst- so heißt der junge Mann und natürlich über Leonard. Eine sehr herzliche und freundliche Begegnung. Ich traue mich nicht recht zu fragen, wo ich Leonard finden kann und fahr‘ wieder in den Ort, um noch was einzukaufen. Beim Tankwart frag‘ ich dann mal vorsichtig, ob er vielleicht weiß, wo dieser Mann zu finden ist. Er weiß es nicht und gibt mir den Tip, im General Store oder in der Post Office zu fragen. Also fahre ich dahin und frage, leider ohne Erfolg. Etwas traurig gestimmt geh‘ ich zum Auto und will schon weiterfrahren, da kommt die Kassiererrin und sagt mir, daß gerade ein Kevin im Shop sei, daß dieser mit Leonard zusammen wohnt und ihn hilft und pflegt. Kurz darauf kommt er vom Shopping heraus und wir fahren zu Leonard … ich trete ein und da steht er, ein einfacher Mann, der inzwischen über 80 ist und sein Leben lang an eine ganz einfache Sache geglaubt hat und dies auch gelebt hat. Beneidenswert wenn ein Mensch in der Bescheidenheit seine Glückseeligkeit findet. Da fallen mir immer Weisheiten ein wie die von Buddah: „Der Grund allen Leidens ist das Begehren“, oder „Es irrt der Mensch, solange er strebt“.
Die Begegnung mit Leonard war die herzlichste von allen, ich werde diesen Mann in meiner Erinnerung tragen. Dies war, so empfinde ich es zumindest jetzt, der schönste Moment meiner Amerika-Reise und zugleich der Abschluß.
Leonard hatte zwei Pfleger, die sich einerseits um ihn kümmerten und auch um sein Lebenswerk, den Salvation Mountains. Beide habe ich ebenfalls kennengelernt. Kevin Eubank (im Video kurz zu sehen) ist inzwischen an einem Herzinfarkt gestorben.



Nachtrag: Leonard ist am 10.02.2014 in El Cajon gestorben.



Noch am selben Abend fahre ich nach San Diego.
Ich habe so ungefähr 12 Stunden Film auf der Kamera, für 3 Stunden ist noch Platz, doppelt gesichert auf dem Laptop und der externen USB-Platte. Ich bin ziemlich erschöpft, aber auch erfüllt von dem was ich da getan habe. Jetzt freue ich mich auf zu Hause, auf meine Liebsten und all die, die zu meinem Leben gehören.
Noch kann ich nicht alles einsortieren und ordnen, dazu wahren es zu viele Erlebnisse und Eindrücke in kurzer Zeit, zumeißt extrem sehr unterschiedliche. Diese Reise wird nachhalten – vermutlich sehr lange.
Es ist ein unendlich weites Land mit herrlichen Gegenden. Es ist herrlich das alles zu erkunden, aber ich glaub‘, ich muß jetzt wieder heim, dort wo meine Wurzeln sind. Außerdem beginnt am Freitag die Höbicher Kirwa – und die ist mir heilig, so wie Leonard seine Felsen heilig sind.
Ein ganz dickes Dankeschön an alle, die meine Reise auf dem Online-Tagebuch verfolgt haben. Es hat mir einen riesen Spaß gemacht, dieses Tagebuch zu pflegen, wobei ich oft kein Internet hatte und die Videoumwandlung dieses HD-Materials mit diesem kleinen Netbook ein Krampf war. Ich hoffe doch schwer, daß wir uns alle an der Höbicher Kirwa seh’n.
So long, lost’s euch nier gereu’h, bis zum Wochenende